Türkei Fahne

Die Türkei wird in den letzten Jahren immer mehr zum Auswanderertraum vieler Deutscher. Einen Neustart in einem fremden Land zu wagen ist aufregend, reizvoll, aber auch risikoreich. Es gibt außer der sprachlichen Barriere jede Menge anderer Probleme, die auf dich als Auswanderer zukommen könnten. Es gibt aber auch viele Gründe, die für einen Neuanfang in der Türkei sprechen….

Warum Türkei?

Die Türkei ist bekannt für Traumstrände, perfektes Urlaubswetter, preiswerte All Inclusive Hotelanlagen, die türkische Gastfreundschaft und last but not least die köstliche türkische Küche (und ich spreche hier NICHT vom Döner!!!) Sie eignet sich auf den ersten Blick also besonders als Destination, in die man vorübergehend oder auch dauerhaft auswandern kann. Leben im sonnigen und warmen Süden, ein mildes Klima im Winter, ein günstiger Wechselkurs, in der Regel günstige Flüge- diese und viel andere Gründe sprechen für einen Umzug in das klassische Urlaubsland Türkei. Allerdings kommen vor einem Umzug in ein fremdes Land selbstverständlich etliche Fragen auf. 

Der weltberühmte Strand von Konyaaltı im Winter

 

Bevor du dich also für einen Umzug entscheidest, sollte dir klar sein, dass es nicht nur Vorteile gibt. Es gibt mindestens genauso viel Nachteile, wenn man sich entschließt, ein neues Leben in einem fremden Land  zu beginnen. Wenn du denkst, du warst bereits mehrmals als Tourist in einer noblen Hotelanlage und kennst dich aus, kann ich dir versichern, dass du höchstwahrscheinlich eine verzerrte Wahrnehmung hast. Denn der türkische Alltag und dein Leben als „Expat“ unterscheiden sich deutlich von einem erholsamen Kurzurlaub. Um sich gut zu integrieren und den Alltag in der Türkei zu verstehen, muss man sich zunächst an die Besonderheiten der Kultur, der lokalen Bräuche, der wirtschaftlichen und auch politischen Lebensbereiche anpassen. Und am allerwichtigsten ist es, die Mentalität der Menschen zu verstehen und anzunehmen. Denn da unterscheidet sich Deutschland extrem von der Türkei….

 

Wissenswertes über die Türkei

Blick auf Taksim, den modernen Stadtteil Istanbuls

Die Türkei hat in den letzten 20 Jahren einen bedeutenden Sprung in ihrer wirtschaftlichen und politischen Entwicklung gemacht. Zweifellos ist dieses Land attraktiv für Touristen und Expats, die aus Deutschland, Russland, Großbritannien und anderen europäischen und asiatischen Ländern in die Türkei ziehen. Die Türkei ist eine einzigartige Kombination aus islamischen Traditionen und westlichen Vibes. Wenn du in die Türkei umziehen möchtest, mache dich zunächst mit den grundlegenden Fakten und wesentlichen Informationen zu diesem Land vertraut.

Einreisebestimmungen

Informiere dich auf den Seiten des  Auswärtigen Amts über die aktuellen Reise- und Sicherheitshinweise.

Die Einreise ist für deutsche Staatsangehörige mit folgenden Dokumenten möglich:

  • Reisepass: Ja
  • Vorläufiger Reisepass: Ja
  • Personalausweis: Ja
  • Vorläufiger Personalausweis: Ja, muss gültig sein, aber ich rate dringend davon ab
  • Kinderreisepass: Ja

Zum Thema Corona, Tests, Impfungen etc. halte ich aktuelle Informationen hier bereit.


Lebenshaltungskosten

Hier unterscheidet sich die Türkei natürlich sehr stark von Deutschland. Denn das Leben in der Türkei ist wesentlich günstiger- solange du nicht gerade in der Hauptsaison ein Bier in einer der vielen Strandbars trinken willst. Denn auch in der Türkei gilt „Je mehr Touristen, desto teuerer“. Aber selbst im Vergleich zu anderen Ländern am Mittelmeer sind die Kosten hier deutlich geringer und selbstverständlich profitieren wir von  den günstigen Wechselkursen.

Strom, Wasser, Internet und Gas wird wie in Deutschland auch separat zur Miete bezahlt. Eigentümer bezahlen das monatliche „Aydat“, was mit dem deutschen Hausgeld vergleichbar ist. Eine möblierte Wohnung in Antalya kannst du mit etwas Glück ab ca.150€  monatlich finden. Je näher zum Strand, desto teuerer wird es in der Regel auch. Strom liegt bei 15 – 40€ pro Person und Monat, je nachdem wie du im Winter heizt und im Sommer die Klimaanlage laufen lässt. Für Wasser kommen etwa 4-10€ pro Person und Monat und eine 25 MBit Leitung kommt je nach Anbieter auf etwa 10-20€ monatlich.

Veranschlage für‘s Einkaufen etwa 10-15€ pro Person und Woche. Hier kommt es auch darauf an, wo du einkaufst. Die Schweizer Kette Migros ist in der Türkei weit verbreitet. Es gibt viel Auswahl an internationalen Artikeln, allerdings ist das die teuerste Wahl. Ähnlich verhält es sich mit der französischen Kette Carrefour. Es gibt aber auch günstigere Möglichkeiten, einzukaufen. Die Ketten „Şok“, „Bim“ oder „A-101“ sind Discounter und bieten Lebensmittel zu sehr günstigen Preisen. Mein absoluter Favorit sind natürlich die lokalen Märkte, die du an jedem Tag in einem anderen Stadtteil finden kannst. Hier findet man von frischem Obst und Gemüse, über Milchartikel, Käse bis hin zu Fisch und Fleisch wirklich alles- und meist auch zu  einem angenehmen Preis.

 

Mentalität

Eins der vielen kleinen Cafés in Taksim

Die Türken sind zu Fremden grundsätzlich freundlich und sehr offen. Sie suchen den Kontakt, lieben es, sich auszutauschen und ein netter und rücksichtsvoller Stil gehört zur türkischen Kultur wie der Çay und der Türkische Kaffee- auch, wenn das manchmal aufdringlich wirken kann. Es ist nicht falsch, anfangs eine gesunde Portion Wachsamkeit zu haben, da kleine Verbrechen wie Betrug und Taschendiebstahl weit verbreitet sind.

Die Familie steht wie in den meisten anderen südlichen Ländern weit oben. Üblicherweise heiraten viele Türken recht früh und oft zieht die Braut zur Familie des Bräutigams, was in nicht wenigen Fällen Probleme mit sich bringt.

Auffallend ist, dass die Geschlechterrolle recht stark ausgeprägt ist. Ein Mann ist ein Mann, eine Frau ist eine Frau! Das kann man als Ausländer sehen, wie man möchte, man muss sich jedoch auch damit anfreunden können. Viele ausländische Frauen beschweren sich über eine zu forsche Art der türkischen Männer, die wohl zu oft der Meinung sind, ausländische Frauen sind Freiwild und warten nur darauf, angesprochen zu werden. Selbstverständlich darf man das nicht verallgemeinern, aber vor Allem als alleinreisende Frau sollte man stets wachsam sein und sich damit anfreunden, oft angesprochen zu werden. Türkische Frauen hingegen sind da deutlich zurückhaltender, was auch am gesellschaftlichen und vor allem familiären Druck hängen könnte.

Die Türkei ist ein konservatives Land. Obwohl Homosexualität nicht illegal ist, wird sie von der Gesellschaft oft verpönt. Ausländerinnen sollten versuchen, bescheidene Kleidung zu tragen, insbesondere in Moscheen. Muslime werden ermutigt, sich an ihre traditionelle Kleiderordnung zu halten. Schleier und theopolitische Outfits sind jedoch gesetzlich verboten.

Wenn man den Umgang der Einheimischen mit Gesetzen und Regeln beobachtet, wird man schnell feststellen, dass die meisten einen recht lockeren Umgang damit haben. Rote Ampeln werden gerne missachtet, geparkt wird mit eingeschaltetem Warnblinklicht überall, wo man Platz findet. Blinker setzt man, wann man will und das Leben als Fahrradfahrer ist wirklich gefährlich. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Und gewöhne dich als Verkehrsteilnehmer an die Hupen. Gehupt wird immer! Zu Begrüßung, zur Verabschiedung, zur Warnung, zur Kenntnisnahme und am allerliebsten an Ampeln, wenn man bei grün nicht sofort losfährt. Manche Ampeln zeigen Countdowns an. Dort wird bereits 2 Sekunden vorher gehupt… Absolut bemerkenswert ist, dass dieses Nichteinhalten von Regeln absolut niemanden zu stören scheint. Frei nach dem Motto: „Es gibt Regeln, kaum einer  hält sich daran und das ist gut so“.

Das gesellschaftliche Leben findet üblicherweise im Freien statt. Außer in der Regenzeit, die üblicherweise von Januar bis März dauert, bewegen sich die Menschen hier meist draußen. Ob Sport, Freunde treffen, Essen gehen, am Strand oder Pool liegen oder gemütlich mit der Familie im Freien picknicken. Vor allem am Wochenende hält es die Einheimischen nicht zu Hause.

 

Die Türkische Küche

Am Strand schmeckt so ein Salat doch gleich ganz anders

Die türkische Küche ist bekanntermaßen weltbekannt. Zu den bekanntesten Gerichten wird wohl der Kebap gehören, der dem deutschen Döner Kebap ähnelt. Rindfleisch, Lammfleisch und Hühnerfleisch gehört zur täglichen türkischen Küche, Schweinefleisch ist nicht verboten, wird jedoch nur von einigen wenigen (üblicherweise ausländischen) Händlern angeboten. Als Beilagen werden in der Regel Reis, “Bulgur”, Salate und Fladenbrot angeboten. Wer es süß mag, ist in der Türkei sehr gut aufgehoben. Lokum, Baklava, Künefe, Dondurma gehören hier wohl zu den bekanntesten Desserts, die Auswahl ist hier schier unendlich. Die meisten trinken dazu „Çay“, den türkischen Schwarztee oder gerne „Türk kahvesı“, den traditionellen türkischen Mocca, den man mit dem uns bekannten Espresso vergleichen könnte.

 

Religion

Die Hagia Sophia in Istanbul

Der Islam ist in der Türkei Hauptreligion. Allerdings unterscheidet sich das Land sehr von den meisten anderen muslimischen Staaten. Die Türken sind auch bezüglich des Glaubens sehr aufgeschlossen und so leben Menschen mit unterschiedlichen religiösen Überzeugungen friedlich zusammen. Dabei kann man grob festhalten, dass die Einheimischen in größeren Städten und touristischen Gebieten einen eher „modernen“ Lebensstil bevorzugen, wohingegen in ländlichen Gebieten die Menschen meist religiöser sind. In Istanbul, wo es übrigens über 3.000 Moscheen gibt, sind die Menschen trotz der Tatsache, dass es eine sehr moderne Stadt ist, vergleichsweise gläubig und zu den Gebetszeiten sind die Moscheen sehr gut besucht. Das wird allerdings auch daran liegen, dass Istanbul als touristisches und wirtschaftliches Zentrum des Landes sehr viele ausländische Besucher aus islamisch geprägten Ländern hat.

Fazit

Wie immer gibt es Vor- und Nachteile, die man stets gegeneinander abwägen muß. Ein sehr entspannter Lebensstil kann zum Beispiel sowohl ein Vorteil, aber auch ein Nachteil sein. Nicht zu vernachlässigen sind zum Beispiel auch die Sprachbarriere und die enorme Bürokratie, denn ohne einen Dolmetscher, der sich einigermaßen auskennt, sind Behördengänge praktisch nicht möglich. Was viele Auswanderer total unterschätzen ist, dass nach der anfänglichen Euphorie eine gewisse Einsamkeit eintritt. Man hat seine sozialen Kontakte zurückgelassen, hat hier aber noch keine richtigen aufgebaut und ist die meiste Zeit alleine. Und obwohl es hier auch viele Expats gibt, gil last but not least sich möglichst bald mit der neuen Sprache auseinanderzusetzen. Denn das ist die Grundvoraussetzung für jeden Auswanderer…

Egal, ob du den Schritt wagen möchtest, oder nicht. Auf jeden Fall kommst du nicht drumherum, zunächst für einige Wochen in deine Wunschdestination zu kommen, dich hier umzuschauen und zu entscheiden, ob du es dir vorstellen könntest, die nächsten Monate oder Jahre hier zu verbringen. Wie ist die Infrastruktur, wie ist das Preisniveau, Leben hier nur Einheimische oder gibt es auch Expats, wie sieht es auf dem Wohnungsmarkt aus… usw. Denn von einem blinden und überstürzten Umzug rate ich dringend ab…