Ich habe mich der Herausforderung gestellt und bin mit einem Van quer durch Australien gefahren. 3700km von Perth im Westen nach Melbourne im Südosten. Ich war 7 Tage unterwegs- alleine in einem “Relocation”-Van, quer durch das australische Outback, wo ich 2 Tage verschollen war, über zwei Zeitzonen, 146 km ohne Kurve auf der längsten Gerade-Aus-Strecke Australiens, Hunderte von Kilometern entlang der Großen Australischen Bucht mit ihrer atemberaubenden Küstenlinie und auf der spektakulären Great Ocean Road, die sich dicht am windgepeitschten Südlichen Ozean entlang schlängelt.
Was bedeutet eigentlich „Relocation“? Es ist nichts anderes, als die Überführung von Mietfahrzeugen zurück an die Vermietstation. Dafür bekommt man das Fahrzeug sehr günstig oder gar kostenlos. Ich zahle in diesem Fall $5 pro Tag und übernehme die Spritkosten. Für meine geplante Strecke Perth – Sydney habe ich kein Fahrzeug gefunden und musste zwei Fahrzeuge buchen. Eins von Perth nach Melbourne und ein zweites von Melbourne nach Sydney.
Die Fahrzeuge sind voll ausgestattete Camper. Der erste, ein kleiner Van, ist ausgelegt für 2 Personen. Ich kann unterwegs auch drin schlafen und spare mir Motels oder Hotels. Der zweite ist ein größerer Camping Bus, mit dem bis zu 5 Personen reisen können.
Ablauf des “Relocating”
In der Regel werden Fahrer für die Fahrzeuge der ganz großen Mietwagenunternehmen “Britz“, “Apollo” oder “Maui” gesucht. Die Unternehmen selbst lagern die Relocation- Sparte auf verschiedene Agenturen aus, bei denen man die Relocation Cars buchen kann. Es gibt unter anderem Apollo, Transfercar oder Imoova (hat sogar eine App), die allerdings $25 Doller Buchungsgebühr verlangen. Allen voran kann ich jedoch Coseats Campervan relocations empfehlen, mit denen ich mein Fahrzeug gebucht habe. Die Fahrzeuge werden in der Regel mit 2-3 Wochen Vorlauf ausgeschrieben, man kann aber mit etwas Glück auch sehr kurzfristig etwas finden. Man bezahlt bei der Online- Buchung eine Kaution von $75 und bei Abholung des Fahrzeugs eine weitere Kaution von $1000. Beides wird nach erfolgter Abholung beziehungsweise Rückgabe wieder erstattet.
Der Kontakt zur Agentur war sehr einfach und unkompliziert, die Abholung des Fahrzeugs in Perth sowie die Rückgabe in Melbourne waren jeweils super entspannt und locker. Mein Camper war mit etwa 30.000km noch sehr neu und war einfach klasse zu fahren. Bei meinem nächsten Trip nach Australien werde ich definitiv noch mal einen Road Trip über Coseats machen- ein einfach klasse Erlebnis, das wiederholt werden muß 😎
Tag 1, 4. April 2018 Perth, West Australien
Endlich geht es los! Ich habe das Fahrzeug abgeholt und mich auf den Weg gemacht. 3728km liegen jetzt vor mir, ich habe 7 Tage Zeit, um das Auto von Perth nach Melbourne zu bringen.
Beim nächsten Aldi kaufe ich ein wenig ein, fülle den Kühlschrank und es geht los. Aldi? Genau, Aldi! Der Discounter hat auch in Australien Fuß gefasst und bietet günstiges Einkaufen für Jedermann an. Ich fahre mit nur wenigen kurzen Stops durch und halte in Coolgardie, einem kleinen Ort im Outback. Mir wurde angeraten, nicht bei Dunkelheit zu fahren, was aber nachvollziehbar ist. Immer wieder sieht man Känguru- Kadaver an der Strecke liegen, die offensichtlich nicht auf den Verkehr geachtet haben. Die Straßen im Outback sind ja auch nicht beleuchtet, also schaut jeder, dass er möglichst bald nach Einbruch der Dunkelheit irgendwo stehen blieben kann. Nur offensichtlich die Kängurus nicht. Hmm. Es heißt immer, dass es hier so viele von denen geben soll. Außer den Dutzenden überfahrenen habe ich noch keins gesehen. Aber ich habe ja noch paar Kilometer Zeit.
Ich finde hier in Coolgardie einen Stellplatz und geselle mich zu 4 anderen Campern. An schlafen ist allerdings kaum zu denken, denn ich habe mir gegen 18:00 meinen dritten Kaffee des Tages gegönnt und ich reagiere recht stark darauf. Außerdem ist es auch noch so heiss und stickig in meinem Van, dass ich kaum atmen kann. So kommt es mir zumindest vor. Also Schiebetür auf, Fenster auf und erst mal lüften. Da ich in Australien bin, wo jedes Lebewesen einen töten will und kann, ziehe ich es vor, lieber doch mit geschlossen Türen und Fenstern zu schlafen. Außerdem habe ich noch nie gehört, dass jemand im Auto beim Schlafen erstickt ist, also bin ich guter Dinge, morgen auch wieder aufzuwachen…
Tag 2, 5. April 2018, Coolgardie, West Australien
Irgendwann bin ich dann doch eingeschlafen und nachts aufgewacht, weil ich gefroren habe?! Glücklicherweise lag aber die Decke griffbereit und rettete mich vor dem Erfrierungstod. Die Nacht war kurz, gegen 7 bin ich aufgewacht und bin topfit. Ich brauche eine Dusche! An der nächsten Tankstelle tanke ich und hole mir einen Kaffee für $4,50– (ich glaube, ich muss mir hier wohl das Kaffee trinken abgewöhnen…) und fahre los. Immer weiter durch das riesige Outback; Büsche und Steppe, soweit das Auge reicht. Und um genau 8:31 Uhr ist es dann soweit: ich sehe mein erstes lebendes Känguru. Es hat mich wohl gehört und sucht nun möglichst schnell das Weite. Da ich nicht riskieren will, meinen $4,50 Kaffee umzuwerfen, greife ich gar nicht erst nach dem Smartphone und lasse es hopsen. Es kommen bestimmt noch welche.
Gegen Mittag erreiche ich Norseman, eine größere Ortschaft und finde dort eine Duschmöglichkeit. Neben einem Schwimmbad gibt es eine öffentliche Dusche, die auch noch kostenlos ist, wenn man nur Kaltwasser benutzt. Eigentlich wollte ich ja einige Bahnen schwimmen, aber die freundliche Rentnerin in der Tourist Info nebenan sagt mir, es sei geschlossen, weil die Saison vorbei sei. Sehr seltsam, die Australier. Draußen brennt der Planet, es hat mindestens 34 Grad Celsius, aber das Schwimmbad hat keine Saison mehr…. 🙄
Die kalte Dusche war auf jeden Fall klasse und nach meinem zweiten $4,50 Kaffe entscheide ich, dass das der letzte für heute war! Drei Stunden später mache ich Halt an einer Raststätte, esse einige Happen der gestrigen Beef- Konserve und schmeiße den Rest weg. Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob das jetzt für Menschen oder Hunde gedacht war. Einen kurzen Power Nap später geht’s auch schon weiter. Seit etwa 13:00 Uhr habe ich keinen Empfang mehr und bin offline. Anfangs dachte ich noch, es ist eins der vielen Funklöcher unterwegs und sich habe bald wieder eine Verbindung. Eigentlich ist es ja auch „nur“ ein Funkloch. Hier in Australien ist eben alles viel größer. Die Landschaft, die LKWs und eben auch die Funklöcher, die sich einfach mal über mehrere Hundert Kilometer erstrecken. Nach der Reise werde ich etwas recherchieren und feststellen, dass das Funkloch etwa 1200 km groß war- nämlich zwischen den Städten Norseman und Ceduna, denn dazwischen war keine nennenswerte Ortschaft mehr. 1200 km! Das entspricht etwa der Strecke von Kiel nach Mailand… keine Stadt, kein Internet… WOW!!!
Ich überquere eine Zeitzone, bleibe hin und wieder für einige Fotos stehen und fahre auf dem Eyre Highway 146km auf der längsten geraden Strecke Australiens. Gute 1,5 Stunden NUR gerade aus! Manchmal sieht man die Straße irgendwo am Horizont hinter einem Hügel verschwinden. Es gibt keine Ortschaften mehr, gelegentlich ein entgegenkommender PKW oder „Road Train“, diese Riesen- LKWs mit bis zu 3 Anhängern und 40m Länge donnern an mir vorbei. Was anfangs noch toll ist, wird zunehmend öde und ich freue mich wirklich, als ich bei Einbruch der Dunkelheit die erste Kurve nehmen kann. Wie wenig doch ein Mensch manchmal braucht, um glücklich zu sein- einfach nur eine Kurve…
Die nächste Übernachtungsmöglichkeit lässt aber noch einige Stunden auf sich warten und ich stoppe irgendwo im nirgendwo an einem „Roadhouse“auf einer Art Caravan- Stellplatz mit Tankstelle und Restaurant. Der Stellplatz für einen Camper mit Fahrer kostet läppische $20, dafür ist die Dusche frei, inklusive einer verdächtig kleinen schwarzen Spinne direkt darüber. Klasse! Die nächste Ortschaft Ceduna ist 700km entfernt und 90km weiter gibt es ein Motel. Wohl oder übel bleibe ich jetzt hier. Ich mache mich an meine Reserven des gestrigen Einkaufs bei Aldi. Lange reicht es nicht mehr. Trockenes Brot und ein Heringsfilet aus der Konserve, garniert mit ungewaschener Gurke und Cocktailtomaten. Schmeckt lecker, macht satt. Ich könnte auch ins Restaurant gehen, bei meinem Hunger schmeckt es bestimmt auch lecker und macht satt- bei beiden ist das Endergebnis das gleiche: es schmeckt lecker und macht satt. Also habe ich natürlich die für meinen Geldbeutel angenehmere gewählt! Dafür kann ich mir morgen früh wieder einen $4,50 Kaffee leisten.
Internet habe ich immer noch nicht. Bin mal gespannt wie viele Nachrichten mir meine Freundin geschickt hat, wie sehr sie sich Sorgen macht. Sorry, mein Schatz, das war leider nicht vorauszusehen, aber die Funklöcher in Australien sind halt etwas größer, als bei uns.
Im Auto ist es jetzt kühler, ich kann gut atmen, schwitze nicht und hole schon mal die Decke raus. Die Knöpfe sind aber „oben“…. Das Drehen der Decke in die richtige Schlafposition gestaltet sich aufgrund Platzmangels etwas kompliziert und ich schlage mir beide Knie an. Aber die Knöpfe müssen halt unten sein. So will es das Gesetz! 😀
Tag 3, 6. April 2018, Irgendwo im Outback, West Australien
Zum Frühstück eine Scheibe von dem immer trockener werdenden Brot mit Wurst und den letzten Tomaten mit einem Schluck Wasser. Danach eine kurze Dusche, während der ich die Spinne über mir keine Sekunde aus den Augen lasse. Meine letzte Waffel verputze ich irgendwann später mit einem Kaffee für $5,60. Es wird teuerer… Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich hier aufhören sollte, Kaffee zu trinken?
Es wird ein langer Tag! Sehr lang! Das Outback ist riesig. Nicht nur einfach so riesig, sondern wirklich R I E S I G ! Unvorstellbar riesig! Wenn man bedenkt, was für einen winzigen Teil ich von Australien bisher befahren habe, ich aber 2 Tage lang unterwegs war…. Keine Städte, keine Dörfer. Stunden über Stunden, einfach NICHTS… Der absolute Wahnsinn!
Es gibt relativ viele Parkplätze auf der Strecke, mit Schildern und Hinweisen, man soll regelmäßig Pausen einlegen. Gelegentlich überhole ich Anhängergespanne oder Road Trains und bleibe immer wieder stehen, um Fotos oder Videos von der absolut beeindruckenden Kulisse zu machen. Ich habe übrigens immer noch kein Internet und meine beiden Hörbücher habe ich schon zwei mal komplett durch. Die Offline Musik auf meinem Handy hängt mir nach 2 Tagen auch irgend wann zum Hals raus und da es im Outback auch keinen Radiosender gibt, den man empfangen könnte, schalte ich das Radio aus.
Was nun…? Da ich nicht singen kann, schweige ich eine Weile so vor mich hin. Irgendwann fällt mir auf, dass die viele entgegenkommenden Fahrer grüßen. Manche heben die Hand, andere einen oder zwei Finger. Cool! Ich passe mich natürlich an und grüsse ab sofort auch, und wer nicht zurück grüßt, bekommt von mir einen entsprechenden Kommentar hinterher geschickt. Hin und wieder versäume ich, zurück zu grüßen und frage mich, mit welchen Wörtern ich soeben beschimpft worden bin. Was wäre eigentlich, wenn ich wie ein Wilder winken würde, frage ich mich. Aber ich glaube, ich belasse es lieber beim lässigen zwei Finger Heben.
Zwischendurch passiere ich die Staatsgrenze von Western Australia zu South Australia und lese was von Quarantäne und dass man kein Obst von dem einen in den anderen Staat einführen darf. Hmm. Gilt das auch für meine 2 Äpfel und 5 Bananen? Ich kümmere mich nicht weiter darum und passiere den „Grenzübergang“, ohne etwas zu melden. Mit dem Bundesstaat ändert sich auch schlagartig die Landschaft. Der rote Sand ist hellem weißen Sand gewichen und es wachsen keine Bäume mehr. Lediglich Büsche, soweit das Auge reicht. Cool! Endlich mal wieder paar Büsche. Ich fahre nun eine Weile an der Südküste entlang, bleibe wie gehabt gelegentlich für einige Fotos dieses atemberaubenden Ausblicks stehen und halte nachmittags für einen kurzen Mittagsschlaf, als meine Augen immer schwerer werden. Die „Wildwechsel“- Warnschilder wechseln ständig. Entweder Kängurus und Kühe, Kängurus und Kamele, Kängurus und Emus, Kängurus und Wombats oder einfach nur Kängurus. Leider sehe in den 3 Tagen im Outback kein lebendes Exepmlar mehr. Nur Hunderte Kadaver, die auf der gesamten Strecke entlang der Straße rumliegen und ein Fest für die Aasfresser sind. Dafür habe ich das Glück, zwei riesigeAdler am Wegesrand zu sehen. Beeindruckend…
Ich habe übrigens immer noch keine Internetverbindung und kann mir denken, dass sich die ein oder anderen auf der anderen Seite der Erde so langsam ziemlich Sorgen machen. Bei Einruch der Dunkelheit erreiche ich Penong, aber dieser Ort ist so winzig, dass es hier wohl auch keine Anbindung an Mobilfunknetze gibt und ich entscheide, weitere 80km zu fahren, um Ceduna zu erreichen. Nachts durch das Outback zu fahren ist wirklich um einiges anstrengender, als bei uns. Es ist wirklich stockfinster, man sieht nichts, außer dem was die Scheinwerfer des Autos anscheinen und in jedem Moment könnte eins der oben genannten Tiere vor mir stehen…
Bei der Einfahrt in die Stadt halte ich an einem Checkpoint. Die Süd-Australier nehmen das mit dem Einfuhrverbot für jegliches Obst und Gemüse aus Western Australia offenbar ziemlich ernst. Eine Mitarbeiterin kommt aus dem Gebäude und fragt mich, ob ich Obst dabei habe. Ich stelle mich dumm, zeige der freundlichen Frau am Checkpoint meinen leeren Kühlschrank, übergebe ihr aber dann freiwillig meine 5 Bananen zur Vernichtung, bevor ich riskiere, wegen paar Obstfliegen verhaftet und deportiert zu werden. Sie erzählt, dass „die drüben alle Käfer“ haben, dass das Einfuhrverbot nur vonWest nach Ost gilt und dass jegliches Obst von drüben strikt konfisziert und vernichtet wird! Clever wie ich bin, habe ich meine 5 Äpfel unterwegs selbst „vernichtet“…. 😎
Ceduna ist etwas größer, aber meine Hoffnung, hier wieder Internet zu haben, verfliegt schnell. Allerdings liegt es nicht an Funklöchern, sondern eher daran, dass der Verkäufer am Flughafen in Perth, bei dem ich meine Vodafone Karte gekauft habe, mir absoluten Bockmist verzapft hat! Nein, mit der Vodafone SIM habe ich eben doch nicht bis Melbourne Empfang, was mir Mitarbeiter an zwei Tankstellen in Ceduna versichern. Mit Vodafone könnte ich wohl frühestens in Adelaide wieder mit einer Verbindung ans Netz rechnen- und das sind 5 Stunden Fahrt. Aber es gebe einen anderen Provider, nämlich Telstra, und der sei viel besser. Ich entscheide mich, die 12$ zu investieren, da ich meiner Freundin nicht einen dritten Tag Ungewissheit zumuten will, allerdings klappt die Registrierung überhaupt nicht und ich habe nach 2 Stunden Ärgern immer noch keine Verbindung. Meinen Hunger habe ich zwischendurch mit einem Burger mit Pommes gestillt. Geschmeckt hat es nicht, aber es war mit $10,50 noch vergleichsweise billig, finde ich. Allerdings hat die obligatorische Flasche Cola $4,90 gekostet, womit das „billig“ sich doch ganz schnell wieder relativiert…
Ich fahre zu einem Campingplatz in der Stadt, der mit Free WiFi wirbt, aber die $25 finde ich für einen Parkplatz dann doch etwas überzogen. Ich frage den guten Herrn am Eingang, ob man denn eigentlich auf gekennzeichneten Parkplätzen in der Stadt parken darf, verstehe von seiner Antwort allerdings wirklich kein Wort! Es war definitiv Englisch, aber eins von der ganz miesen Sorte! So ziehe ich weiter, unwissend, ob man nun wild parken darf oder nicht.
Ich wage einen letzten Versuch im Ceduna Shelly Beach Caravan Park, dessen Schild ich am Wegesrand erblickt habe. Hier kostet der Stellplatz schon ganze $29,90, Dusche, WiFi kostenlos und direkt an der Küste. Ich bin mittlerweile müde, frustriert und ich habe keine Lust mehr, weiter zu suchen. Ich gebe mich also geschlagen, zahle brav die Gebühr, lasse mir erklären, wo mein Stellplatz ist und logge mich ein, um nach 2 Tagen endlich wieder ein Lebenszeichen von mir zu geben. Diese Freude währt leider nicht lange. Ich schreibe dass es mir gut geht, hurra, alle sind glücklich, dass es mich nicht „verrissen hat“ (Originalton meines Sohnes). Wir vereinbaren, dass ich meinen Platz beziehe, etwas aufräume usw und mich dann melde. Gesagt, getan, allerdings habe ich plötzlich kein WiFi mehr, meine Sitzung sei abgelaufen. Es ist mittlerweile 23:30 Uhr, ich habe echt keinen Bock mehr, wieder nach vorne zu watscheln. Meine Telstra Sim funktioniert immer noch nicht, mit der von Vodafone versuche ich es nicht mal! Ich habe mich gemeldet, alle können wieder ruhig schlafen. Morgen ist auch noch ein Tag…
Tag 4, 7. April 2018, Ceduna, Süd Australien
Welch Überraschung, auch heute fahren und fahren und fahren. Büsche, Hügel; Hügel, Büsche, Dutzende toter Kängurus, Road Trains und das lässige Winken zum Gegenverkehr. So in etwa verläuft mein Tag heute. Es entstehen weitere gute Fotos und Videos. In Ceduna habe ich aber immerhin meinem Kühlschrank wieder auffüllen können und habe mir Fertig- Capuccino besorgt, den ich mit heißem Wasser aufbrühen kann. Somit muss ich doch nicht aufhören Kaffee zu trinken. Schmeckt etwas „sandig“, aber egal. Kaffee ist Kaffee. Einige Kilometer vor Adelaide dann die Sensation: ich habe wieder eine dauerhafte Verbindung zur Außenwelt und meine Freundin und ich feiern das erst mal mit 2,5 Stunden nonstop WhatsApp- Telefonat. Es gibt viel zu erzählen: von riesigen Funklöchern, Büschen, Hügeln, winkenden Autofahrern und toten Kängurus…
Da ich in den letzten Nächten einfach zu viel Geld für simple Stellplätze ausgegeben habe, entscheide ich mich, heute „wild“ zu übernachten. In der Einfahrt von Adelaide sehe ich einen Camper Park . Dieser wirbt mit „Cheap Rates“, was für sich für mich erst mal ganz interessant anhört und ich entscheide, doch noch mal einen Versuch zu wagen. Also gleich mal abbiegen, Van abstellen und die nette Dame an der Rezeption nach dem Preis fragen. Sie nennt ihn mir, ohne mit der Wimper zu zucken: $37 für eine Nacht. Wow! „Cheap rate“ hört sich für mich anders an und ich versuche, cool und entspannt zu wirken. Immerhin bis zu 2 Personen. Das bringt mir leider herzlich wenig, denn ich bin nicht 2 Personen. Ich verspreche ihr, im Auto nach meinem Geldbeutel zu schauen und suche gekonnt das Weite. Zwei Stunden später liege ich in meinem Van auf dem Parkplatz von Woolworth Adelaide und hoffe, dass das als „öffentlicher Parkplatz“ durchgeht. Falls nicht, werde ich heute Nacht eventuell Bekanntschaft mit den netten Officers des Adelaide Police Department schließen. Ich bin gespannt…
Tag 5, 8. April 2018, Adelaide, Süd Australien
Die Nacht war nichts, ich habe schlecht geschlafen. Wahrscheinlich war ich einfach zu angespannt und war bei jedem Geräusch sofort hellwach. Aber ich wurde aber immerhin nicht nachts von der Polizei geweckt. Entweder, es zählt als öffentlicher Parkplatz oder ich hatte einfach nur Glück und wurde nicht als „Wildparker“ erkannt. Der Nachteil, wenn man in der Stadt auf einem Parkplatz übernachtet: es gibt keine Toiletten. Nachts kann man ja unauffällig an einen Busch stehen. Morgens, wenn Menschen draußen sind, klappt das nicht ganz so einfach. Wenn man aber morgens aufwacht, WEIL man aufs Klo muss, macht das die ganze Angelegenheit gleich viel komplizierter und dramatischer! Der große Vorteil, wenn man auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums übernachtet, ist der, dass es in Einkaufszentren Toiletten gibt. Andererseits bringt das einem nichts, wenn es wie heute Sonntag ist. Aber ich habe Glück im Unglück, denn Woolworth hat hier sonntags von 7 – 9 Uhr geöffnet, was auch die vielen Autos auf dem Parkplatz erklärt und schaffe es rechtzeitig zu den Toiletten….
Der schlechte Schlaf der gestrigen Nacht macht sich heute bemerkbar. Nachdem ich in einem Roadhouse geduscht habe (kostenlos wohlgemerkt) und eine Stunde später eine Pause mache, bin ich so fertig, dass diese Pause sich gute 2 Stunden hinzieht und ich erschöpft einschlafe. Als ich aufwache, ist es schon nach 4 und ich stelle erschreckt fest, dass ich gerade mal etwas über 200 von rund 500km hinter mir habe. Noch gestern Abend hat mich übrigens einen schlechte Nachricht erreicht, denn mein Fahrzeug von Melbourne nach Sydney wurde von der Vermietstation storniert und ich stecke am 10. April erst mal in Melbourne fest. Das ärgert mich etwas, denn am Samstag Nachmittag hat man kaum die Möglichkeit, sich um Ersatz zu kümmern. Und da ich die Zusage hatte, habe ich natürlich nicht mehr nach Alternativen Ausschau gehalten. Mal sehen, wie ich weiter komme. Zur Not muss ich dann halt fliegen…
Die Landschaft hat sich nun total verändert und erinnert mich stellenweise sehr an zuhause. Sehr viel Landwirtschaft (natürlich sehr viel größer als bei uns), eine ähnliche Vegetation und viel mehr Verkehr, als ich es dir letzen 4 Tage gewohnt war. Ich lasse es jetzt laufen, fahre durch bis in den Abend und komme für den heutigen Tag doch noch auf meine 500 km. Meine direkte Strecke nach Melbourne habe ich unterwegs geändert und mache einen Schwenker über die „Great Ocean Road“ an der Südküste Australiens, die ich morgen früh erreichen werde. Soll wohl sehr schön sein. Am Abend komme ich an einem Camper Parkplatz neben dem Städtchen MacArthur an. Den älteren Mann, der in einer Art Vereinsheim sitzt, verstehe ich wieder überhaupt nicht. Lediglich , dass ich mir einen beliebigen Stellplatz aussuchen kann, setze ich mir noch irgendwie zusammen, mehr aber auch nicht. Wem ich die $10 Standgebühr zahlen muss, werde ich wohl morgen früh erfahren. Ich habe ganz offensichtlich echt ein Problem mit dem Australischen Slang….
Tag 6, 9. April 2018, Melbourne
Eigentlich ist ja schon Tag 7, aber gestern Abend war ich nicht in der Stimmung, irgendwas zu schreiben. Am letzten Tag meines Roadtrips bin ich den kleinen Umweg über die spektakuläre Great Ocean Road, die sich dicht am windgepeitschtenSüdlichen Ozean entlangschlängelt, zu nehmen. Sie erstreckt sich über 400 Kilometer von Torquay bis nach Nelson an der Grenze zu South Australia. Da es so viel schöne Spots gibt, an denen man halten, die atemberaubende Aussicht genießen und an diversen Strandabschnitten entspannen kann, sollte man eigentlich alleine für diesen Teil mehrere Tage einplanen. Ich habe leider nur einen halben Tag Zeit und beschränke mich auf 2-3 Spots, unter anderem die „Twelve Apostles“, bis zu 60 Meter hohe, im Meer stehende Felsen aus Kalkstein, die nach dem Ayers Rock am zweithäufigsten fotografierte Sehenswürdigkeit Australiens. Bei der Einfahrt auf den Parkplatz staune ich nicht schlecht, denn hier stehen mindestens 100 Autos auf dem Parkplatz. Entsprechend „gut besucht“ ist es hier auch. Jetzt weiß ich auch, wo die Chinesen sind, die ich bisher praktisch nicht gesehen habe. Sie sind hier! Alle….! Ich weiß mittlerweile, wie man am besten mit ihnen umgeht und remple mir auf dem Weg zum Aussichtspunkt den Weg frei. Was ich von diesen Zeitgenossen auch schon gelernt habe: nehme niemals Rücksicht auf fotografierende Menschen. Laufe direkt vor die Linse, stelle dich direkt hinter, neben oder auch mal vor die Person, die gerade abgelichtet werden soll. Und das mache ich auch- allerdings nur bei den Chinesen. Bei den anderen bleibe ich höflich und rücksichtsvoll. Ich muss zugeben, das macht Spaß und ich ertappe mich dabei, wie ich meinen Weg absichtlich so wähle, dass ich auf möglichst vielen Fotos bin… 😈 Bei meinem nächsten Vorstellungsgespräch kann ich nun voller Stolz über mein neues Hobby erzählen: Urlaubsfotos ruinieren….
So beeindruckend die Great Ocean Road ist, so schwer ist sie aber auch zu fahren. Enge Straßen, viele Serpentinen und als Fahrer bekommt man leider nicht so viel mit. Irgendwann wird es dunkel und ich sehe nichts mehr von der atemberaubenden Küste. Allerdings ist übernachten und mir das morgens bei Tageslicht anzuschauen auch keine Option mehr. Ich habe gestern Abend für heute Mittag einen Flug von Melbourne nach Sydney gebucht und muss früh morgens an der Vermietstation sein. Kurz vor Melbourne mache ich dann DIE Entdeckung!!! 6 Tage lang habe ich im wahrsten Sinne des Wortes schmerzlich einen Tempomat im Fahrzeug vermisst und muss doch tatsächlich wenige Kilometer vor dem Ende entsetzt feststellen: ES HAT EINEN TEMPOMAT! Nur habe ich Stratege einfach nicht genau nach dem kleinen Hebelrechts unter dem Lenkrad geschaut… der Facepalm der Woche… den habe ich mir wirklich verdient…
Die Nacht auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums neben der Station in Melbourne ist wieder sehr kurz, es gibt diesmal keineToiletten und nicht mal einen Baum oder Busch, an den ich mich stellen könnte. Das ganze Gelände ist hell ausgeleuchtet und garantiert überwacht. Ich bin natürlich flexibel und ideenreich. Kurzerhand wird also eine leere Wasserflasche zur mobilen Toilette umfunktioniert und mit etwas Übung klappt auch das „Geschäft“ dann auch. Als Frau käme ich, glaube ich, spätestens jetzt an die Grenze des Möglichen. Zu diesem Thema muss ich morgen mal meine Freundin interviewen…
Viel zu früh, um 6:30 Uhr, klingelt mich der Wecker aus dem Schlaf der Gerechten, ich quäle mich aus meinem Bett. Da ich ja mittlerweile geübt bin, benutze ich noch mal meine mobile Toilette. Ich glaube, ich sollte ab sofort gut acht geben, welche Flasche ich wofür benutze… 😀
Die Rückgabe des Fahrzeugs gestaltet sich sehr unkompliziert und schnell. Davon was mir die junge Asiatin in schnellem Australian-Chinese-English erklärt, verstehe ich immerhin schon etwa 2/3. Sie rät mir, über Uber ein Taxi an den Airport zu buchen. Die App zeigt mir $37 an. Ich entscheide, dass das zu teuer ist und wähle Bus und Bahn. Keine wirklich gute Entscheidung, wie ich bald feststelle. Ich muss nämlich zuerst eine Karte für $6 kaufen. Diese werden nicht erstattet und mit meinem zusätzlich erworbenen Guthaben von $5 kann ich 2 Stunden lang kostenlos die Melbourner Bahnen nutzen. Klasse! Was für ein Schwachsinn, wenn ich einfach nur ein mal von A nach B fahren muss… Der Shuttle Bus von Melbourne zum Airport kostet dann zusätzlich $18. Somit habe ich jetzt zwar insgesamt $7 gespart, war aber doppelt so lange unterwegs. Andererseits durfte ich auch mal in einem anderen überfüllten Wagon stehen, als in Bangkok. Hat auch was. Das mühsam ersparte Geld wird am Flughafen direkt in einen $5,50Kaffee investiert. Yeah!!!
Das ist also nun das Ende meines 7- tägigen Süd- Australien Road Trips, der eigentlich noch 2 weitere Tage gedauert hätte. Denn geplant war nicht nur Perth- Melbourne, sondern Perth – Sydney. Wie es nun weitergeht? Ich fliege nach Sydney und werde von dort einen Zug nach Bathurst nehmen, wo ich eine Weile bei meiner Stieftochter Carina bleiben werde. Für das Zugticket von Sydney nach Bathurst bezahle ich übrigens gerade mal $8,80! Für australische Verhältnisse ein wahrer Schleuderpreis….
Fazit
Jeder, der gerne Auto fährt, für einige Tage auf jeglichen Komfort verzichten kann (wenn er nicht gerade in teueren Motels auf der Strecke übernachtet) und ein Gefühl für die Größe Australiens bekommen möchte, sollte diesen Road Trip machen. Die Spritkosten lagen bei 610 Australischen Dollars, für das Auto habe ich für 7 Tage $35 bezahlt. Dazu kamen die Kosten für Übernachtung und Verpflegung, also lag ich bei einer grob gerundeten Gesamtsumme von $700 für diesen Trip. Sieht auf den ersten Blick nach viel aus, allerdings sollte man nicht außer Acht lassen, dass ich eine Strecke von 3700 km gefahren bin und dass ich anfangs den Fehler gemacht habe, zu wenig einzukaufen. Außerdem kann man sich die Kosten für die Übernachtungen theoretisch auch sparen, wenn man sich rechtzeitig um kostenlose Stellplätze kümmert. Wer übrigens einen Van auf dem “normalen” Weg bucht, bezahlt in der Regel zusätzlich $65 – $120… pro Tag!
Fotos
Ich bin Nomadic Vic! Ich habe schon immer geträumt, die Welt zu bereisen. Mit Anfang 40 habe ich mir diesen Traum erfüllt und war 386 Tage überwiegend in Südostasien unterwegs. Seither hält mich nichts mehr in Deutschland und das Reisen ist zu meinem Leben geworden. Ich versuche anderen Reisenden mit meinen Erfahrungen zu helfen. Im Moment pendle ich zwischen dem wunderschönen Antalya und Thailand…
Your review Perth to Melbourne was the most interesting one I have read, including reviews on other destinations! It was long but VERY well written, a joy to read, and I felt like I was with you in the passenger seat!
Hey Janni, thank you so much for your feedback 🙂
So ein toller Bericht. Man meint geradezu, dass man dabei ist. Und noch schöner ist es, wenn man mit Dir lachen kann! ? Hab weiterhin viel Spaß und bleib gesund! ?
Vielen Dank, Birgitt ?. Ich freue mich immer über so nette Kommentare ???
Toller Bericht! Wie geil ist das denn mit den Relocation Cars… super Tipp, wenn ich es auch mal nach Australien kommen. Have fun!
Ja, das ist echt ne klasse Sache, die ich auf jeden Fall wiederholen muss!!! ?